Der Papageienwald

Hallo Freunde der Sonne, Freiheit und Musik,

es ist mal wieder Zeit für ein Update!

Nachdem wir zwei Tage an unserem Lieblingsplatz in Sitges gespielt hatten, wollten wir mal etwas Neues ausprobieren und entschieden uns, am Abend in Villanova, etwas weiter südlich von Sitges, zu spielen. Davor wollten wir uns an einem Strand in der Nähe von Villanova von den anstrengenden letzten Tagen erholen. Der Strandparkplatz, den uns Mel empfohlen hatte, hielt einige Überraschungen für uns bereit. Die Schlaglöcher auf der steilen Abfahrt zum Parkplatz waren so tief, dass wir Sorge hatten, mit dem Unterboden unseres Busses aufzusetzen. Natürlich aktivierten wir ohne zu zögern den „Weichboden-Modus“ unseres Fahrzeugs. Dieser kam nämlich immer zum Einsatz, wenn wir uns nicht sicher waren, ob unser Auto das unwegsame Gelände überleben würde. Der „Weichboden-Modus“ machte zwar keinen spürbaren Unterschied im Fahrverhalten, beruhigte unser Gewissen aber ungemein. Mit beruhigtem Gewissen und viel Kupplung kamen wir dann auch am Strandparkplatz an. Der Parkplatz war ein kleines Waldstück voller Pinienbäume und grüner Papageien, die einen Riesenlärm veranstalteten und deren mehrstöckige Nester in fast jeder Baumkrone zu finden waren. Zum Strand ging es dann zu Fuß direkt über die Bahngleise. Wir verbrachten dort den Tag bis wir uns am Abend in Richtung Villanova aufmachten. Hier wartete eine kleine Premiere auf uns, denn inmitten unseres ersten Sets hielt ein Streifenwagen der policia local neben uns. Die beiden Polizisten schauten geübt grimmig drein und brachen unser Konzert ab – das erste mal auf dieser Tour! Das sorgte für großen Unmut im Publikum, was an den lauten Buuh-Rufen und am Pfeifen zu hören war. Letztenendes waren die beiden Polizisten doch nicht so grimmig und ließen uns noch einen Song spielen, bevor wir zusammenpacken mussten. Anscheinend hatte ihnen die Musik auch gefallen. Trotz des verkürzten Sets waren wir einigermaßen zufrieden mit dem Tag und kehrten nach einem Belohnungsdöner zu unserem leicht streng riechenden Strandparkplatz zurück, um dort unsere Zelte aufzuschlagen. Den nächsten Tag gestalteten wird ähnlich. Mittags spielen, nachmittags am Strand relaxen. In der Zwischenzeit war uns aufgefallen, dass überall auf dem Parkplatz verteilt alte Taschentücher und Kondomverpackungen lagen. Am Strand lagen auch ein paar Nackte, aber wir dachten uns nicht viel dabei. Als Tim uns erzählte, dass er beim Sport machen von einem älteren Herren beobachtet und durch unverkennbares pfeifen angeflirtet wurde (Tim war wohl nicht interessiert), fanden wir das ziemlich amüsant. Wir machten auch schon Witze darüber, ob unser Parkplatz im Papageienwald nicht vielleicht ein heimlicher Treffpunkt für paarungsfreudige Naturliebhaber und -liebhaberinnen war. Die größte Überraschung stand uns zu diesem Zeitpunkt allerdings noch bevor.

Den dritten Tag im Papageienwald begannen wir damit, ausgiebig ein paar neue Songs zu Proben, um diese auf der Straße zu spielen. Wir waren gerade dabei, den Song „Ain’t no Mountain High Enough“ zu üben, als unsere Konzentration von lautem Gestöhne durchbrochen wurde. Wir schmunzelten ein wenig und versuchten einfach ein wenig lauter weiter zu üben, aber das Gestöhne wurde ebenfalls immer lauter, übertönte uns und ging schon fast in Geschrei über. Da wurde uns plötzlich etwas mulmig zumute. War das, was zu hören war, immer noch nur Spaß? Oder wurden wir gerade unfreiwillig Ohrenzeuge einer Vergewaltigung? Wir wussten nicht was wir tun sollten. Tim versuchte sich ein Bild von der Lage zu machen und lief ein Stück auf eine Lichtung aus deren Richtung das Geschrei kam. Er sah dabei einen weiteren Zeugen des Geschehens, welcher allerdings offensichtlich in anderer Mission unterwegs war. Er versuchte unerkannt durchs Feld zu huschen und war dabei ziemlich mit sich selbst beschäftigt. Da er ziemlich schlecht darin war, unentdeckt zu bleiben (oder auch gar nicht unentdeckt bleiben wollte), kamen wir im weiteren Verlauf unserer Probe noch ein paar mal in die Situation ihn unfreiwillig zu entdecken. Um die Situation mit Humor zu verarbeiten ging diese Person nachher als „der Keuler“ in unsere Erzählungen ein. Tim konnte auf der Lichtung jedenfalls nichts erkennen und war schon auf dem Rückweg, als das Gestöhne plötzlich stoppte und durch lautes spanisches Gebrabbel, Gelächter und Grasgeruch ersetzt wurde. Wir waren ein wenig ratlos und verwirrt, denn das passte alles irgendwie nicht zusammen. Wir setzten unsere Probe fort, bis das Gestöhne plötzlich wieder in voller Lautstärke zu hören war. Da wurde uns klar: Was wir hören ist tatsächlich nicht nur Spaß, sondern quasi Arbeit – die drehen einen Porno! Nachdem wir unserem Kram gepackt hatten und zur Ausfahrt des Parkplatzes fuhren bestätigte sich unsere Vermutung. Ein Cabrio, zwei Hauptrollen, mehrere Kameras und einige halbversteckte Zuschauer, die wohl in ähnlicher Mission wie der Keuler unterwegs waren – ein schauderlicher Anblick. Witzig wurde es dann wieder auf der nachfolgenden Fahrt nach Tarragona, als wir uns beim Austausch über das Geschehene folgende Frage stellten: Wenn wir das Gestöhne der Darsteller hören konnten, war unsere Musik bestimmt auch vom Drehplatz aus zu hören. Haben wir mit unserer Version von „Ain’t no Mountain High Enough“ also unfreiwillig die Hintergrundmusik zu diesem zwielichtigen Filmchen beigesteuert? Wir werden es wohl nie erfahren…

Schreibe einen Kommentar